Mittwoch, 13. März 2019

Vorwurf/Entschuldigung

Gibst du mir Recht?
Für die Male, die ich versagt habe.
Ich weiß, ich rechtfertige mich mal wieder,
schon wieder,
aber vor dir mehr als vor jedem.
Meine Vorwürfe sind Entschuldigungen,
Vater,
damit ich dir noch in die Augen sehen kann.
Wenn ich schon wieder in die 
falsche Richtung gehe,
oder gar nicht gehe, sondern gleich
liegen bleibe,
Vater.
Du hast gesagt das wäre normal,
aber ich hab dagegen gehalten,
jetzt weiß niemand von uns weiter,
Vater,
es tut mir leid.
Ich für all die Male, die ich dich enttäuscht habe,
ja, für die auch,
aber Vater,
es tut mir Leid, das ich dich nicht stolz werde machen können.
Und ich weiß, 
auch wenn du dir selbst, was anderes erzählst,
ich werde nicht sein, was du dir erhoffst,
deine Hoffnung vergilbt in den leeren Seiten meiner Zukunft.
Es tut mir Leid,
weil jeder Vorwurf, ist keine Entschuldigung für
vergangene Fehler,
sondern Entschuldigung,
für ebendiese Zukunft, die nie eine war.

Entschuldige meine Vorwürfe, 
weil ich nicht die Kraft in meinen Schultern spüre,
die Verantwortung zu tragen, 
für das was nie sein wird.

Die größte Tragik ist sowieso,
das was nie sein wird.
Die Abwesenheit des Seins.

Dafür entschuldige ich mich,
wenn ich wütend bin
und dir meine Vorwürfe

mache.

Donnerstag, 10. Januar 2019

Herbstmorgen


Gib zurück was
du von mir nimmst,
mit vollen Fäusten,
wie Kinderhände Kirschen im Sommer
die roten Flecken in weißen Kleidern
trage ich, nicht du, weil
deine Ernte nur Spuren hinterlässt
an mir, von dem was ich mal war.
Während du gedeihst, werden meine
Hände wund, beim Versuch mich 
reinzuwaschen
von dir, und du nicht gehen willst,
ohne das ich auch Teile von mir
gehen lasse,

von dem, was ich mal war.

Donnerstag, 3. Januar 2019

Koran-Sure 4, Vers 34; DieZeit Artikel aus der Ausgabe vom 03.01; ein Kommentar


Koran-Sure 4, Vers 34; DieZeit Artikel aus der Ausgabe vom 03.01; ein Kommentar


Ich bin keine gelassene Person, noch nie gewesen. Also wäre es vermutlich gelogen, zu sagen, mich hat noch nie etwas so aufgeregt wie der Artikel, um den es geht, aber ich kann zumindest eines sagen: Mir war noch nie so klar, wie tiefgreifend die rassistische Ideologie ist, vor allem in ‚liberalen‘ Kreisen. 

Der Artikel soll sich ‚neutral‘ mit dem Vers 34 aus der Koran-Sure 4 auseinander setzen.  (Die berüchtigte Koran-Sure, die es dem Ehemann erlaubt, seine Ehefrau zu schlagen) Angeblich. Es geht im Artikel aber tatsächlich, und wie sollte es auch anders sein, um Gewalt an muslimischen Frauen durch ausschließlich muslimische Männer.

Zu diesem Thema möchte ich kurz etwas sagen: Mir ist bewusst, das es in der muslimischen Community Probleme mit Gewalt (vor allem an Frauen und Kindern) gibt. Ich kenne das Mindset, das dahinter steht. Ich kenne die Strukturen, die die Wiederholung dieser Taten ermöglichen. Und ich erkenne diese Problematik. Ich erkenne auch die Schuld, die bei der Mentalität liegt, aber auch, und das vergessen Journalist*innen wie die der Zeit sehr gerne, die Schuld, die die Mehrheitsbevölkerung und die rassistischen Strukturen unserer Gesellschaft tragen. Dazu später mehr. 


Das erste was ich immer wieder faszinierend finde, ist, dass Redaktionen von Magazinen und Zeitungen (wie die Zeit) immer wieder darauf bestehen, Themen wie diese, ungeeigneten Journalisten zuzuteilen. Auf der Seite 14 steht: „(…) sind auch wir keine Experten. Wir haben nicht Islamwissenschaften studiert und sprechen nicht Arabisch“. Ja tja. Sie klingen auch nicht wie muslimische Frauen. Später auf Seite 16 steht auch, das die Journalisten Probleme hatten Zugang zur Community zu finden. Niemand wollte reden. Tatsächlich kriegen im ganzen Artikel weiße, nicht muslimische Männer und Frauen, mehr als die doppelte Anzahl an Zeilen gewidmet als muslimische Frauen, also die Gruppe, um die es in diesem Artikel angeblich gehen soll.

Die Unfähigkeit der deutschen Presse, muslimische Frauen als vollwertige Menschen darzustellen, die eigenständig agieren und für sich selbst sprechen, ist erbärmlich und reproduziert einfach nur das Bild der unterdrückten nicht-westlichen Frau, die von den bösen, nicht-westlichen Ehemännern misshandelt wird. Übrigens, es sind ja alles muslimischen Frauen verheiratet, ne? ;)

Nein, wieso tatsächlich über die Gruppe berichten, um die es eigentlich geht, wenn man den Artikel auch mit einem Erlebnis von einem deutschen Mann beginnen kann. Der Text erzählt von dem Polizei-Pressesprecher Andreas Loepki und seiner Erfahrung als er eine Pressemitteilung zu der umstrittenen Sure veröffentlichte. Davor wird auf seine Vergangenheit als Polizist und seine super-krassen Erfahrungen eingegangen, und, dass nichtsdestotrotz diese Pressemitteilung natürlich den heftigsten ‚Shitstorm‘ seiner Karriere ausgelöst hat.  Also irgendwie dachten die Journalist*innen der Zeit, das dieser Herr (ich möchte nicht ihn schlecht reden, es geht ja nicht wirklich um ihn - was genau mein Punkt ist) genauso viele Zeilen bekommt wie, ZWEI muslimische Frauen die erst auf Seite 16 erwähnt werden. Dann ist der erste ‚Experte‘, der zitiert wird natürlich Tilman Nagel. Der wird zunächst als Forscher dargestellt und erst nachdem er eine halbe Seite gewidmet bekommt, finden es die Journalist*innen erwähnenswert das Tilman Nagel auch für die AfD arbeitet und mit Thilo Sarrazin sympathisiert. Ich frage mich, wie irgendwer darauf kommt bei einem angeblich neutralen Beitrag über Islam jemanden zu zitieren, der rassistisch ist. Und das natürlich ganz am Anfang vom Artikel und ohne seine Integrität ehrlich anzuzweifeln.

Zwischen Herr Loepki und Herrn Nagel gibt es einen Absatz der mich besonders stutzig gemacht hat. Es ist ein pseudo-reflektierter Einschub darüber, das die Journalist*innen ja wüssten, das sie eine eigene ‚Wirklichkeit‘ kreieren, wenn sich dazu entscheiden über Gewalt an Frauen in muslimischen Gemeinschaften zu reden. Er dient lediglich dazu dem Leser Unsicherheit vorzuheucheln, wenn tatsächlich eine glasklare Positionierung zwischen den Zeilen zu lesen ist. Wenn sie alle wirklich so sehr gehapert hätten, hätten sie den Artikel vielleicht an geeignetere Kolleg*innen weitergegeben. 

Im Koran steht wortwörtlich, zumindest nach den meisten Übersetzungen, das der Ehemann das Recht hat, die Ehefrau zu schlagen. Gut. Aber darum geht es den Autoren dieses Artikels nicht wirklich. Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung eines religiösen Texts sondern inwiefern die Religion heute gelebt wird. Es soll darum gehen, wie muslimische Gemeinschaften heute Leben. Aber der Islam nach wie vor eine Religion ist und keine Ethnie, die sich in verschiedenen Ländern anders entwickelt und nicht einfach zu einer großen Masse zusammengefasst werden kann.  Und ja, diese Sure existiert zwar, aber im 21. Jahrhundert in Deutschland existieren gewichtigere Gründe warum Frauen Opfer häuslicher Gewalt werden. Was auch so gesehen wird, wenn weiß Deutsche ohne Migrationshintergrund Gewalt antun. Denn dann geht man auf folgende Dinge ein: sozialer Status, psychische Gesundheit, Bildungsstand, Kindheitstraumata etc. 
Ich sage nicht, das all diese Dinge Gewalt an Frauen rechtfertigen, versteht mich nicht falsch, aber sie scheinen nur dann absolut keine Rolle zu spielen, wenn wir über ethnische Minderheiten sprechen.


Es gibt Probleme mit Gewalt in den Communities von ethnischen Minderheiten. Nicht nur an Frauen. Aber haben weiß-Deutsche Frauen ohne Migrationshintergrund schon ihre eigenen Geschichte vergessen? Erst 1997 wurde eheliche Vergewaltigung verboten und 1928 (wie auch in dem Zeit Artikel erwähnt) das Züchtigungsrecht des Mannes abgeschafft. Aber was er Artikel nicht erwähnt ist, das Männer in Deutschland nicht eines Morgens aufgewacht sind und gesagt haben: ‚Oh krass, das ist aber Scheiße, was wir bisher gemacht haben. Lass das mal ändern!‘. Sondern, dass sich die Frauen in Deutschland, vernetzt, organisiert und gekämpft haben. Hart gekämpft. Sie haben ihren sozialen Status riskiert, ihre Jobs und ihre Leben und dann gab es Veränderung. Diese Möglichkeit haben Frauen aus ethnischen Minderheiten oft nicht. Die Mehrheitsbevölkerung grenzt sich aus. Ich kann aus Erfahrungen sagen, das ‚feministische‘ Kreise nicht frei sind von Rassismus und Islam-Hass, dass sie durchwachsen sind von Ignoranz. Frauen von ethnischen Minderheiten sind isoliert und stehen im Fall von Gewalt auch meistens allein da und vor allem ohne Perspektive. Mangelnde Integrationshilfen und Offenheit der Mehrheitsbevölkerung liefern diese Frauen schutzlos aus. Aber das ist nicht ihre Schuld und die Weigerung von Presse-Riesen wie der Zeit diese Seite der Medaille aufzuzeigen und stattdessen über eine Seite einem eigentlich unwichtigen weiß-deutschen Mann wie Loepki und einem Rassisten wie Nagel zu überlassen, stellt die Integrität der deutschen Presse nicht in Frage sondern untergräbt sie.



Denn eines haben muslimische Männer, die ihre Frauen schlagen und die ‚liberale‘ deutsche Presse definitiv gemeinsam: Sie haben muslimische Frauen am liebsten wenn sie vor allem eins sind: Stumm.


Hier der Artikel:
https://www.zeit.de/2019/02/islam-koran-unterdrueckung-frauen-gewalt

Montag, 10. September 2018

Ich bin kein Mensch, wenn ich allein bin.



Wenn wir über Reisen reden, dann entsteht schnell diese wundervolle Vorstellung: Neue Menschen kennenlernen. Spaziergänge in fremden Städten, wo verlaufen ein muss ist. Das Entdecken von neuen Gässchen. Paulo Cohelo schrieb mal: Wenn ich einen Reiseführer schreiben würde, dann bestünde er nur aus leeren Seiten, damit sich die Leute von ihren Plänen lösen und sich einfach verlieren (paraphrasiert). Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie privilegiert man sein muss, um sowas zu schreiben. Ohne Karten, bestimmte Orte und Uhrzeiten, wann es für Frauen sicher ist, würde ich nie auch nur die äußere Hauswand meiner Unterkunft sehen. 

In meiner ersten Woche hier, war ich dauernd mit Typen unterwegs. An jeder Straßenecke versteckten sich Geschichten. In der Medina, der Altstadt von Fez (Marokko, wo ich gerade bin), erzählten mir Geschäfteigentümer von ihren Leben, die in der Form, in Deutschland gar nicht hätten passieren könnten. Es war wie ein konstanter Traum. Die Leute aus den Cafés schüttelten meine Hände und erzählten mir von verlorener Liebe. 

Und dann, reisten meine männlichen Freunde weiter und ich blieb hier. Gewöhnt an die Großherzigkeit. An diese neue Energie, einer neuen Stadt. Ich brannte darauf meinen neuen Freundinnen, diese Stadt zu zeigen, musste aber feststellen: Mit meinen männlichen Freunden, war auch diese Stadt verschwunden.

Auf einmal konnte ich nicht mal mehr mit Menschen reden. Die, die anständig waren schwiegen und der Rest belästigte mich auf’s gröbste. Selbst fünf Minuten vor dem Eingang meiner Unterkunft zu warten, wird zur Qual. Einmal wollten meine Freundin und ich, in eine nahegelegene Bar gehen, konnten nicht, weil uns nach 10 Metern ein Auto anfing zu verfolgen und immer wieder neben uns anhielt. Wir kehrten um. Hängten es ab und verkrochen uns in ein anderes Café, das näher war und das wir kannten. Ich wäre am liebsten gleich zurück in mein Zimmer gegangen. Den ganzen Abend ließ  mich die Panik nicht los, dass die Typen uns finden würden. 

Es ist eine Form Freiheits-Entzug. Ein Junge von hier meinte: Wenn du mit einem Mann unterwegs bist, gehen sie davon aus, dass er es dir ‚erlaubt hat‘. Wenn du allein bist ‚gehörst du noch niemanden‘. Auf gewisse Art und Weise zieht sich diese Betrachtung von Frauen über Landes- und Kontinentsgrenzen hinweg. Auch wenn die meisten meiner dt. Freunde es vielleicht nicht so ausdrücken würden.

Klar, es gibt Frauen, denen ist das scheiß egal. Es gibt auch Frauen, die vielleicht einfach nicht auffallen. Aber ich kann hier nicht mal mein Hostel verlassen um in den Supermarkt neben an zu gehen. Selbst dort, lauern andere Kunden und Kassierer wie blutrünstige Hunde. 

Ich ziehe automatisch den Vergleich zu Deutschland. Fakt ist, dass es in Deutschland nicht so schlimm ist. Zumindest für weiße Mädchen. Auch wenn ich mich in Deutschland nicht 100% sicher fühle und ich sehr wohl auch schon in Leipzig meinen Kaffee halb ausgetrunken habe stehen lassen, bestimmte Clubs nicht mehr betrete und manche Straßen meide. Es ist mehr Raum da. Die verbale Gewalt ist nicht so erdrückend.


Frauen die alleine in Cafés sitzen oder in Clubs gehen, werden selten allein gelassen. Männer sitzen häufig allein in einer Bar, Frauen sind immer mindestens zu zweit. Mein bester Freund und ich hatten mal diese Unterhaltung. An welchen Orten es sich gut sitzen lässt um zu schreiben. Die Cafes in denen ich alleine sitze sind sehr wenige. Meistens die, wo ich weiß, das überwiegend Frauen sind. Selbst wenn niemand rüber kommt, das ständige Starren belastet einen. 

Auch wenn ich mir theoretisch über all das bewusst war, ist mir erst gestern der Unterschied wirklich klar geworden. Wenn du Frau bist, bist du kein Mensch. Nicht wirklich. Du wirst immer im Bezug auf deine fickbarkeit gesehen. So unangenehm das klingt. Du bist immer erst Objekt der Begierde. Selbst meine feministischsten männlichen Freunde glauben es ist irgendwie normal, bei Frauenkörpern immer zuerst an Sex zu denken. Das ist es nicht. Bei Körpern sollte immer zuerst der Gedanke Mensch sein. Aber das ist nicht der Fall. Ich werde mich nie komplett frei bewegen können. Nie mein Haus verlassen können ohne zu überdenken wo ich bin, wer da sein könnte etc. 

Ich werde nie ein freier Mensch sein.

Mittwoch, 5. September 2018

Konzerte sind schön, Antirassismus ist immer noch verdammt schwer

65 ooo Menschen standen gemeinsam gegen Rassismus. Okay. Sind wir ehrlich, die standen nicht da, um gegen Rassismus zu protestieren. Die meisten waren da um KIZ zu feiern. Aber es ist okay. Sie standen gemeinsam. Nach so einer Woche tut jegliche Form von Solidarität gut, oder? 

Ganz ehrlich: Nein. 
Klar, das Konzert war ne geile Idee. Es war großartig. Aber ihr wollt mir doch nicht ernsthaft verklickern, dass es nicht Rassismus ist, geschweige denn Anti-Rassismus, wenn ein Haufen Deutscher Männer, die Diskriminierung und Angst von marginalisierten Menschen für ihre eigenen Promo ausnutzen. Und das haben sie gemacht. Stop kidding yourself. Klar, wenn sie nichts gesagt hätten (so wie die dt. Nationalmannschaft lol) dann wäre es genauso Scheiße, aber es muss halt nicht entweder oder sein. Es gibt endlose POC Künstler, die sich gegen Rassismus einsetzten. Warum sollten Bands wie KIZ oder die Ärzte ihre Namen nicht benutzen, um diesen Menschen - ihr wisst schon: DIE DIE TATSÄCHLICH BETROFFEN SIND - endlich Gehör zu verschaffen. Sie an dem eigenen Privileg teilhaben zu lassen? Natürlich haben sich diese Bands schon immer für den guten Zweck eingesetzt. Aber, versteht ihr denn nicht, das es Rassismus ist sich als nicht Betroffene Person in den Mittelpunkt von Diskriminierung zu stellen.? 

Mich nervt, das die Meisten es nicht richtig machen wollen. Sie wollen es probieren und dafür gelobt werden. A for Effort, u know? Wieso um Himmels Willen, solltet ihr gelobt werden dafür, dass ihr das tut was eigentlich selbstverständlich sein sollte? Wenn wir von B_PoC verlangen, sie sollen DANKBAR sein dafür, dass sich andere bemühen gegen Unmenschlichkeit und Grausamkeit vorzugehen, dann sagen wir eigentlich: 
„Du hast kein bedingungsloses Anrecht auf Menschlichkeit, deswegen sei froh, dass wir es dir trotzdem geben“. Und wenn das kein Rassismus ist, weiß ich auch nicht mehr.

Chemnitz war ein guter Versuch. Aber wir müssen es besser machen. Wir müssen uns mehr anstrengen. Es war ein guter Versuch, aber versuchen reicht nicht. Wenn ihr euch bemüht und jemand Betroffenes kritisiert was ihr tut: Mund halten und zuhören. Hört euch die Kritik an und macht es nochmal und besser. 

Produktiv gegen Rassismus vorzugehen tut weh. Manchmal weiß man gar nicht, wie rassistisch Menschen, die wir lieben sind, bis wir sie darauf ansprechen. Wir glauben, es bleibt bei dem einen Kommentar und denken nicht darüber nach, wie viel eigentlich hinter so einem Kommentar steckt. Und was passiert, wenn die Person B_POC gegenüber sitzt. Jemand der Polenwitze reißt, wird wahrscheinlich auch automatisch seine Handtasche an sich randrücken, wenn eine Person den Bus/ das Wartezimmer etc betritt, den sie als ‚Ausländer‘ einstuft. 

Und dann kommen wir zu einem der am wenigsten verstandenen Dinge überhaupt: 

Verinnerlichte Diskriminierungsstrukturen. 

If you don’t know, now you know: Du bist wahrscheinlich rassistisch, homophob, sexistisch, transmisogyn, klassistisch und was es sonst noch für -ismen gibt. Das ist leider üblich und wahrscheinlich unvermeidlich. Aber das macht es deswegen nicht okay. Deine Mikroaggressionen tun Menschen weh. Konstant, immer und immer wieder. Und solange du sie nicht anerkennst und etwas dagegen tust, bist du Rassist. Aus Ende. Und das ist ziemlich scheiße. Mir fällt auf, bei vielen meiner Diskussionen, dass die meisten Menschen bereits daran scheitern a) zu erkennen, dass sie diese überhaupt besitzen und b) dass sie verdammt nochmal verletzend sind. Und wenn du diese Arbeit an dir selbst nicht leistest, verletzt du Menschen weiterhin, weil du zu faul bist, dich zu ändern.

 Diese Diskussionen mit meinen Freunden/Familie/Bekannten zu führen machen keinen Spaß. Sie sind verletztend und demütigend und 95% der Zeit ‚verlierst‘ du, weil drei Weißdeutsche Jungs ohne MGH sich gegenseitig versichern, dass sie bestimmt nicht rassistisch sind. 

Ein weiterer großer Teil von Anti-Rassismus ist auf der Straße was zu sagen. In öffentlichen Räumen. Manchmal ist es schwerer, manchmal leichter. Wenn im linken Connewitz in Leipzig jemand einen Ausländer anschreit, wirst du oft nicht die einzige sein, die was sagt. Zwei/Drei Stationen weiter Richtung Zentrum, schon eher. (Und viele Leipziger werden jetzt auf das Linkssein der Südvorstadt plädieren, but boy oh boy) Es ist auf jeden Fall scheiße. Es macht dich fertig. Es macht dich traurig. Den Mund aufmachen, um eine Fremde Person vor einen anderen fremden Person kostet dich nicht nur Kraft. Man macht sich auf alle möglichen Art und Weisen verletzlich: Was ist wenn alle anderen auf mich einreden? Was ist wenn die andere Person gar nicht beschützt werden will? Was ist… Was ist… Was ist…? 

Aber rate mal, wer nicht die Wahl hat. Wer sich diese Fragen nicht stellen kann? Welche Person keine Entscheidungsfreiheit hat?

Antirassismus ist hart. Er ist schwer und zermürbend. Er macht traurig und frisst Energie. Wisst ihr warum so viele B_POC ihn sich trotzdem antun? Weil die Alternative schlimmer ist. Und die Alternative sind eure Privilegien. Die, die ihr auf unsere Kosten bekommt. 



Und Schweigen gehört definitiv dazu.

Vorwurf/Entschuldigung

Gibst du mir Recht? Für die Male, die ich versagt habe. Ich weiß, ich rechtfertige mich mal wieder, schon wieder, aber vor dir mehr...